Lernen und Arbeiten greifen immer mehr ineinander. Lernkompetenz ist dabei eine zentrale Voraussetzung. Arbeitsplatznahes Lernen findet dann statt, wenn Mitarbeiter den Lernbedarf haben, um genau das zu lernen, was sie benötigen. Die Verantwortung für das Lernen wird damit auf die Mitarbeiter übertragen. Die Fähigkeit zur Selbststeuerung des Lernens dabei als selbstverständlich angenommen. Von der Initiierung des Lernen bis hin zur Evaluation des Lernerfolgs, steuert der Mitarbeiter selbst aktiv das Lernen. Die Rolle der Mitarbeiter verändert sich also vom Rezipienten und Konsumenten (wie z.B. in klassischen Seminaren) zum Initiator, Gestalter, Anwender und Motivator.
Als Initiator erkennt der Mitarbeiter selbst oder im Gespräch mit Kollegen und/oder der Führungskraft seine Entwicklungsfelder und wie er seine Aufgaben (aktuelle und in Zukunft) besser gestalten kann. Auf Basis dieser Erkenntnisse definiert er (evtl. gemeinsam mit der Führungskraft) seine konkreten Lernziele – also was er lernen möchte/muss.
Die Umsetzung der Lernziele basiert auf der Festlegung der Lernstrategien: Wie möchte ich lernen? Vom Gestalter wird einerseits das Vorgehen stets mit Blick auf das Lernziel geplant und damit der spätere Transfer in den Arbeitsprozess vorbereitet. Selektion und Transformation von Lerninhalte erfolgt entsprechend der Lernziele und Arbeitsaufgaben. Andererseits gehört auch die Gestaltung von Lernort, Lernzeit und die Wahl des Lernformats zu den Aufgaben der Mitarbeiter. Insbesondere für die Wahl eines geeigneten Lernformats sind Kenntnisse eigener Lernpräferenzen von Vorteil. Lerne ich lieber mit einem Lernpartner in realistischen Szenarien oder nutze ich erst einmal individuelle Onlineformate?
Die Rolle des Anwenders verändert sich im effektiven Umgang mit verschiedenen Lernformaten. Für soziale und digitale Lernformate im Rahmen des selbstgesteuerten Lernens sind Medien- und Kooperationskompetenz unabdingbar. Neben der Fähigkeit zur Nutzung digitaler Lernformate ist zum Beispiel bei Recherchen im Internet oder z.B. der Nutzung eines Online-Forums das kritische Hinterfragen von Informationen wesentlich. Soziale Lerformate setzen Kompetenzen der Kooperation und Kommunikation wie Zuhören, konkrete Fragen stellen und zielgerichtetes Kommunizieren voraus.
Als Motivator kennt der Mitarbeiter seine Stärken und Schwächen sowie seine eigenen Fähigkeiten im Lernprozess. Er versteht, was ihn persönlich motiviert, welchen Anreiz er braucht, um zu lernen, und nutzt dieses selbstbezogene Wissen, um sich den Einstieg ins Lernen zu erleichtern, aber auch für das Durchhalten im Lernprozess. Er ergreift also die Initiative für das Lernen und kann sich selbst motivieren, bei auftretenden Schwierigkeiten im Lernprozess nicht abzubrechen oder aufzugeben, sondern diese Hindernisse zu überwinden, stets mit Blick auf die Lernziele.
Individuelle Lernkompetenz als grundlegende Voraussetzung
Die verschiedenen Rollen stellen vielfältige Anforderungen an Mitarbeiter. Denn Kompetenzen wie das eigene Lernen zu reflektieren, Lernpräferenzen zu kennen und den Lernprozess zu strukturieren werden in Aus- und Weiterbildung nur selten vermittelt. Dabei sind grundlegende Lernkompetenzen wesentliche Voraussetzungen für das selbstgesteuerte Lernen. Nur durch die Kenntnis eigener Stärken und Schwächen beim Lernen, können Lernprozesse effizient selbstgesteuert werden.
Mehr zu den neuen Rollen von Mitarbeitern in
Graf, Gramß, Edelkraut (2017). Agiles Lernen – Neue Rollen, Kompetenzen und Methoden im Unternehmenskontext (www.haufe.de)